klirrfaktor
für vier hände, ein klavier, freeze-pedale und live-video.
Premiere 15.07.2023, Berlin. Ilona Perger, Mattia Aisemberg, Klavier. Ernst Surberg, Esther Ropon, Betreuung.
Obwohl Klaviere dank ihrer Veranlagung zur Polyphonie allgemein als Overperformer gelten, haben sie ein Makel: sie können keine Töne halten. Abhilfe gegen die Vergänglichkeit schafft hier ein Freeze-Pedal, ursprünglich bekannt aus dem Effekt-Kit elektrischer Gitarren: durch das Loopen eines winzigen Fensters im Moment des Auslösens entsteht die Illusion eines eingefrorenen, stehenden Klangs.
Der „klirrfaktor“ beschreibt in der Welt der Audiophilen, inwieweit ein digitales System Obertöne und Verzerrungen – die sich klanglich als pappiges, saturiertes Klirren bemerkbar machen – zum Eingangssignal hinzufügt, inwieweit also die Maschine ihren eigenen Senf dazudichtet. Analog dazu untersucht das Stück die Menschlichkeit der Maschine sowie umgekehrt die maschinellen Züge des Menschen: scheinen oberflächlich hier zwei Maschinen recht unbeholfen die Klaviatur, vor allem aber den physischen Raum vor dem Klavier zu untersuchen und zu verhandeln, wird subkutan in allen kompositionsinhärenten Verrenkungen und Dialogen eine Beziehungsdynamik der vier an der Klaviatur arbeitenden Hände erforscht. „klirrfaktor“ verwendet drei Freeze-Pedale parallel, die, immer wieder neu ausgelöst, Momente für eine begrenzte Dauer klanglich konservieren: das Gedächtnis der Maschine.